Von dem Buch hatte ich schon vor mehr als 20 Jahren gehört, damals war wohl nicht die Zeit es zu lesen. Zufällig, es wurde in den Sozialen Medien geteilt, fand ich es wieder. Verlinkt wurde es zu
einer Seite, wo es als Ebook stand. Ich fing an es zu lesen und sofort versank ich darin, als träumte ich selbst.
Allein die Beschreibung des abnehmenden Mondes und wie dessen Licht auf das Fußende seines (des Erzählers) Bettes fällt ist anbetungswürdig. Dann kommen Passagen über seine Träume, die da lauten
"sie trug einen Mantel aus fließenden Tränen", Gestalten die sich zu ihm vordrängen "Gleitende Perlen sind sie, auf eine Seidenschnur gereiht, die einzelnen Töne nur einer Melodie, die dem
unsichtbaren Mund entströmen" und "doch diese Stimme hatte keine Echos mehr, – lange, lange schon sind sie wohl verweht und verklungen"... Wie sehr kann ich mich in diese Worte, ja Träume,
hineinfinden. Als träumte ich selbst... seine Träume zerrinnen ebenso und lassen sich nicht halten... wie es mir auch oft ergeht... Auch im weiteren Verlauf entdeckt man immer wieder
Beschreibungen, die man so nie selbst denken könnte. Manchmal kommt voller Bewunderung die Frage in mir auf, wie der Schreiber auf solcherlei Gedanken kommen konnte, doch im nächsten Moment weiß
ich, dass es sich nur so beschreiben ließ, so wie Träume sich erleben lassen...
Mein Mann lieh mir sein gebundenes Buch, während ich auf meine Reclamausgabe wartete, die ich parallel bestellte, in der ich alles was es mir wert ist unterstreichen und markieren kann. Und, ich
knicke Eselsohren wie es mir beliebt. In dem gebunden Buch dürfte ich das nicht. So viel, was jetzt schon merk-würdig ist. Das Buch ist noch endlos lang, doch ich beginne bereits jetzt mit dem
dosierten Lesen, damit es nicht zu schnell endet.
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ich (Montag, 09 Januar 2017 13:52)
Und das Bild von dem Stein, der aussah wie ein Stück Fett, wächst ins Ungeheuerliche in meinem Hirn:
Ich schreite durch ein ausgetrocknetes Flußbett und hebe glatte Kiesel auf.
Graublaue mit eingesprengtem glitzerndem Staub, über die ich nachgrüble und nachgrüble und doch mit ihnen nichts anzufangen weiß, – dann schwarze mit schwefelgelben Flecken wie die steingewordenen Versuche eines Kindes, plumpe, gesprenkelte Molche nachzubilden.
Und ich will sie weit von mir werfen, diese Kiesel, doch immer fallen sie mir aus der Hand, und ich kann sie aus dem Bereich meiner Augen nicht bannen.
Alle jene Steine, die je in meinem Leben eine Rolle gespielt, tauchen auf rings um mich her.
Manche quälen sich schwerfällig ab, sich aus dem Sande ans Licht emporzuarbeiten – wie große schieferfarbene Taschenkrebse, wenn die Flut zurückkommt, – und als wollten sie alles daransetzen, meine Blicke auf sich zu lenken, um mir Dinge von unendlicher Wichtigkeit zu sagen.
Andere – erschöpft – fallen kraftlos zurück in ihre Löcher und geben es auf, je zu Worte zu kommen.
(G. Meyrink)
ein meister der worte...
Gabrielle (Samstag, 28 Januar 2017 18:29)
Er ist ausgelesen. Lange lag ich noch da und hielt das gezeichnete Buch in den Händen. Niemals zuvor wurden in einem Buch so viele Eselsohren und Bleistiftstriche hinterlassen wie in diesem. Manchmal waren es ganze Seiten, die ich markierte. Streckenweise kam es mir vor, als läse ich in meinem eigenen Leben. Gedanken die ich selbst schon dachte und Fragen, die ich mir schon selbst stellte fanden sich darin.
"Meine eigenen Erlebnisse, die sich darauf bezogen, hatten im Gefängnis die Blässe eines längst verwehten Traumbildes angenommen und ich sah in ihnen nur noch Symbole ohne Blut und Leben, – strich sie aus dem Buch meiner Erinnerungen."
(Gustav Meyrink)